Heilpraktiker in Deutschland müssen sich in Zukunft auf strengere Regeln bei der Berufszulassung einstellen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hervor, die der „Welt“ vorab vorliegt.
Demnach hält die Regierung einen Vorschlag für sinnvoll, den die Gesundheitsministerkonferenz der Länder ihr in diesem Juni gemacht hatte: die Zulassungsprüfungen für Heilpraktiker bundesweit in Zukunft anspruchsvoller als bislang zu gestalten – und so die Hürden für neue Heilpraktiker höher zu legen, die eine Praxis eröffnen wollen. So könne der Patientenschutz verbessert werden, schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz.
Derzeit gibt es bundesweit rund 43.000 praktizierende Heilpraktiker, geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. Was genau sie in ihren Praxen anbieten, sei es Homöopathie, Ayurveda, traditionelle chinesische Medizin oder anderes, bleibt ihnen selbst überlassen – solange es keine Patienten gefährdet.
Patientin mit Brustkrebs ausgependelt
Die seit Jahren schwelende Diskussion über die Qualitätskontrolle von Heilpraktikern ist unter Politikern erneut aufgeflammt, nachdem Anfang August drei Menschen starben, die zuvor in einem alternativen Behandlungszentrum für Krebspatienten am Niederrhein von einem Heilpraktiker dubiose Substanzen gespritzt bekommen hatten.
Auch ein anderer Fall sorgte in diesem Jahr in der Gesundheitsbranche für Aufsehen: Im bayerischen Kelheim muss sich ein Heilpraktiker derzeit vor Gericht verantworten, weil er eine Patientin, deren Brustkrebsdiagnose ihm bekannt war, selbst behandelte – unter anderem, indem er sie „auspendelte“, anstatt sie zu einem Arzt zu schicken. Die Patientin ist mittlerweile verstorben.
Die Latte für die Zulassung von Heilpraktikern ist derzeit niedrig gelegt: Anwärter müssen lediglich einen Hauptschulabschluss haben und mindestens 25 Jahre alt sein. Ausbildung, Zulassung und Qualifikation sind nicht einheitlich geregelt.
Heilpraktiker mit Lücken in der Ausbildung
Um eine Praxis eröffnen zu dürfen, reicht es, dass eine zuständige Behörde in der jeweiligen Kommune, etwa das Gesundheitsamt, bestätigt, dass ein angehender Heilpraktiker vermutlich keine Gefahr für seine Patienten darstellt.
Gewährleistet wird dies über eine „Kenntnisprüfung“, die jedoch in einigen Kommunen deutlich ernster genommen werden soll als in anderen. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hatte deshalb im Juni gefordert, die Bundesregierung solle die Regeln für diese Prüfungen vereinheitlichen.
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen signalisiert eine Kehrtwende: Bisher hatte das Bundesgesundheitsministerium auf Medienanfragen geantwortet, die Bundesregierung sei für dieses Thema nicht zuständig. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, sagte, das Schreiben lege offen, dass es „erhebliche Lücken in der Regulierung des Heilpraktikerberufs“ gebe.
Reform gilt nur für künftige Heilpraktiker
Bei den angedeuteten Reformen geht es jedoch lediglich um die Zulassung der Heilpraktiker, nicht aber um eine strengere Überprüfung all jener, die bereits den Beruf ausüben. Solche Qualitätskontrollen lägen in der Zuständigkeit der Bundesländer, schreibt das Bundesgesundheitsministerium.
Grünen-Gesundheitsexpertin Schulz-Asche sagte, der Bund habe allerdings die Möglichkeit, für strengere Melde- und Dokumentationspflicht zu sorgen – damit sich nach einer Behandlung nachvollziehen lässt, welche Methoden ein Heilpraktiker bei seinen Patienten angewandt hat. Eine solche Pflicht gibt es bisher nicht.
Aus dem achtseitigen Schreiben der Bundesregierung geht außerdem hervor, dass sie neben den Standards für Ausbildungsinhalte auch die in den Praxen angewendeten komplementärmedizinischen Methoden „kritisch prüfen“ wolle.
Im Klartext: Es könnte in Zukunft möglicherweise eine Beschränkung dessen geben, welche Behandlungsarten erlaubt sind und welche nicht.