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Interaktive Grafik So hoch ist Ihr Einkommen im Vergleich zu anderen

Wie stehen Sie mit Ihrem Einkommen da? Haben andere Menschen mit gleicher Bildung oder Familiensituation mehr oder weniger Geld zur Verfügung? Diese interaktive Grafik zeigt es Ihnen.
Fußgängerzone in München

Fußgängerzone in München

Foto: Sven Hoppe/ DPA

Im vergangenen Herbst sorgte Friedrich Merz mit einer gewagten Einschätzung für Aufsehen. Der damalige Kandidat für den CDU-Vorsitz stritt ab, zur reichen Oberschicht zu gehören: "Also, ich würde mich zu der gehobenen Mittelschicht in Deutschland zählen", sagte er. Dabei beziffert er sein Jahreseinkommen selbst auf rund eine Million Euro - und gehört damit klar zur finanziellen Oberschicht.

Allerdings geht es den meisten Deutschen so wie Merz: Sie wissen nicht, wo sie sich mit ihrem Einkommen in der Gesellschaft einordnen - wie viele Menschen hierzulande also weniger zur Verfügung haben und wie viele mehr? Als Forscher der Universität Hannover eine entsprechende Umfrage durchführten , mussten sie konstatieren, dass "die Befragten ihre Position in der Einkommensskala nicht einmal annähernd finden" konnten.

Dabei gilt offenbar: Reich sind immer nur die anderen. Die obersten 20 Prozent jedenfalls waren sich ihrer Position an der Spitze fast ausnahmslos gar nicht bewusst - wie Merz. Doch auch die Ärmsten verorten sich sehr häufig in der Mitte der Gesellschaft statt an ihrer tatsächlichen Position ganz unten. Auch arm sind also fast immer nur die anderen.

Wohlstand erscheint relativ

Diese Fehleinschätzungen dürften zum Teil auf einem simplen Effekt beruhen: Der Mensch vergleicht sich mit seinem Lebensumfeld. Eine Wirtschaftsanwältin aus dem noblen Hamburg-Blankenese trifft in der Kanzlei, beim Bäcker oder Elternabend meist Menschen, die ähnlich gut situiert sind. Auch im Vergleich mit den alten Studienfreunden dürfte sie sich meist weder reicher noch ärmer fühlen - sondern eben normal, in der Mitte. Das Gleiche gilt aber auch für den ungelernten Hilfsarbeiter in der Großwohnsiedlung in derselben Stadt, dessen Lebensstandard seinen Freunden und Bekannten ähnelt.

Wo stehen also Sie mit Ihrem Einkommen? Das können Sie mit dem interaktiven Tool des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) herausfinden, dem die aktuellsten Daten des SOEP (Sozio-oekonomisches Panel) zugrunde liegen, für das jährlich viele Tausend Personen befragt werden und das als sehr zuverlässig und aussagekräftig gilt. Konkret bildet das Tool die Einkommenssituation des Jahres 2016 ab.

Dabei bietet das Tool eine besondere Möglichkeit: Es zeigt nicht nur die Einkommensverteilung für die Gesamtbevölkerung, sondern auch für insgesamt 27 Teilgruppen - die sich hinsichtlich Erwerbsstatus, Bildung, Geschlecht, Wohnort, Alter, Wohnsituation oder Herkunft unterscheiden. So können Sie nicht nur Ihre eigene Position innerhalb der gesamten Gesellschaft verorten, sondern zum Beispiel auch in der Teilgruppe der Akademiker oder der Singles oder der Mieter.

Tragen Sie dazu das Nettoeinkommen Ihres Haushalts sowie Anzahl und Alter der Personen ein, die darin leben. Dann können Sie zwei verschiedene Gruppen auswählen, mit denen Sie sich vergleichen wollen. Das Tool zeigt Ihre Position in der jeweiligen Gruppe an.

Als Einkommen gelten alle Einnahmen der Haushaltsmitglieder - nicht nur aus Löhnen oder Renten, sondern auch aus Mieten, Zinsen, Kindergeld, Hartz IV oder anderen Quellen - abzüglich Steuern und Sozialabgaben. Wichtig: Wer sein Wohneigentum selbst bewohnt, muss auch noch die fiktiv eingesparte Nettomiete auf sein Einkommen rechnen. Falls sich an Ihrer Situation nichts Grundlegendes verändert hat, verwenden Sie gern Ihr Einkommen aus dem Jahr 2016, da auch das Tool Daten aus diesem Jahr verwendet. (Weitere Details etwa zur Datengrundlage und Definition der Teilgruppen finden Sie am Ende dieses Artikels.)

Um die Einkommen unabhängig von der Anzahl der Haushaltsmitglieder - vom Single bis zur Großfamilie - vergleichbar zu machen, verwendet das IW das sogenannte bedarfsgewichtete Einkommen, bei dem gemeinsam lebende Erwachsene und Kinder je nach Alter unterschiedlich berücksichtigt werden (Details dazu am Ende des Artikels).

Bei einer Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren entspricht zum Beispiel ein reales Haushaltseinkommen von 4500 Euro netto einem bedarfsgewichteten Einkommen von 2143 Euro netto. So hoch müsste das Nettoeinkommen eines Singles sein, um den gleichen Lebensstandard zu erreichen wie jedes Mitglied der Familie. Exakt in der Mitte der Gesamtbevölkerung befindet man sich übrigens mit 1869 Euro netto - exakt die Hälfte der deutschen Haushalte hat ein höheres bedarfsgewichtetes Einkommen pro Person, die andere Hälfte ein niedrigeres.

Was ist das bedarfsgewichtete Nettoeinkommen?

Das bedarfsgewichtete Nettoeinkommen (auch Äquivalenzeinkommen) berücksichtigt, dass Kinder weniger Geld brauchen als Erwachsene, und dass das Leben günstiger wird, wenn mehrere Menschen zusammenleben. Deshalb wird das gesamte Nettoeinkommen eines Haushalts durch die bedarfsgewichtete Zahl der Haushaltsmitglieder geteilt. Der erste Erwachsene hat den Faktor 1, jedes weitere Haushaltsmitglied ab 14 Jahre den Faktor 0,5, Kinder unter 14 Jahren bekommen den Faktor 0,3. Ein Paar ohne Kinder muss demnach nur über das 1,5fache des Einkommens eines Singlehaushalts verfügen, um statistisch zur selben Einkommensgruppe zu gehören. (Quelle: IW Köln)

Das Tool zeigt aber noch mehr als die eigene Position: Es lässt auf einen Blick erkennen, welche Bevölkerungsgruppen mit besonders wenig Geld auskommen müssen - und welche besonders viel davon zur Verfügung haben. Auf diese teils erheblichen Unterschiede weisen auch die IW-Forscher Judith Niehaus und Maximilian Stockhausen in einem Kurzbericht hin. Deutlich wird: Menschen ohne Ausbildung sowie selbst zugewanderte Migranten haben häufig sehr niedrige Einkommen - Akademiker und Vollzeitbeschäftigte häufig relativ hohe.

Wie effektiv ist die staatliche Umverteilung?

Am wenigsten Geld haben demnach aber Alleinerziehende und deren Kinder. Bereits mit einem bedarfsgewichteten Einkommen von 1309 Euro liegt ein Haushalt exakt in der Mitte dieser Teilgruppe, 37 Prozent der Alleinerziehenden-Haushalte landen unter der bundesweiten Armutsschwelle.

Leben Kinder jedoch mit einem erwachsenen Paar zusammen, liegt das bedarfsgewichtete Medianeinkommen mit 1879 Euro erheblich höher (und sogar leicht über dem Niveau der Gesamtbevölkerung). Zudem befinden sich mit 14 Prozent erheblich weniger dieser Haushalte unter der Armutsschwelle. Weit wohlhabender sind übrigens Paare ohne Kinder mit einem Medianeinkommen von 2209 Euro und einem Armutsrisiko von nur sieben Prozent.

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass es sich um die Einkommen NACH der staatlichen Umverteilung handelt - also nachdem Steuern und Abgaben gezahlt und Sozialleistungen wie Kindergeld oder Unterhaltsvorschuss bezogen wurden. Das IW-Tool kann also auch als Test dafür verwendet werden, wie effektiv der Staat finanzielle Ungleichheit abmildert. Im Falle der Kinder von Alleinerziehenden ist das eng verbunden mit Chancengerechtigkeit. Um die ist es ganz offensichtlich schlecht bestellt.

IW Köln: Definitionen und Informationen

Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen umfasst die Bruttoeinkommen aller Haushaltsmitglieder abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge und direkter Steuern wie der Einkommensteuer. Zum Einkommen zählen Löhne, Einkommen aus selbstständiger Arbeit, Zinsen, Mieteinnahmen, Renten und staatliche Transferleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Kindergeld. Zudem wird bei Eigentümerhaushalten der monatliche Nettomietwert des selbstgenutzten Wohneigentums als zusätzlicher Einkommensbestandteil berücksichtigt.