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Sinnvolle Reisen für Menschen mit Handicap

Du bist eine Person mit Beeinträchtigung und möchtest einen Auslandsaufenthalt machen? Hier findest du einen Überblick über alle wichtigen Fakten und was du bei der Planung und vor Ort beachten solltest. Die Organisation eines Auslandsaufenthaltes erfordert etwas Geduld und proaktives Handeln. Dein Einsatz wird dich jedoch mit spannenden Auslandserfahrungen und erweiterten interkulturellen Kompetenzen belohnen!

Hinweis: Art der Behinderung

In folgendem Text ist von körperlichen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Rede. Beisielsweise werden Reisemöglichkeiten für Gehörlose aufgezeigt. Die Möglichkeiten und Bedürfnisse von Personen mit geistiger Behinderung werden in diesem Text nicht speziell erläutert.

Welche Möglichkeiten habe ich?

Prinzipiell stehen dir alle Möglichkeiten offen. Wichtig sind vor allem die Vorbereitung und die Herangehensweise bei der Organisation deines Auslandsaufenthaltes. Beispielsweise kannst du über einen spezialisierten Veranstalter einen Aufenthalt buchen der auf deine Bedürfnisse zugeschnitten ist, z.B. eine Reise für Menschen mit Beeinträchtigung.

Eine weitere Möglichkeit ist die eigenständige Organisation deines Aufenthaltes. Sei dir aber über den organisatorischen Mehraufwand bewusst. Du kannst in einem fremden Land leicht in unvorhergesehene Situationen kommen. Daher ist es wichtig, dass du dich vorher ausführlich informierst, im Voraus planst und dich auf eventuelle Schwierigkeiten vorbereitest. Beispielsweise sollten Unterkunft und eventuell ein Fahrdienst bzw. Transfer-Shuttle-Service bereits vor Reiseantritt gebucht werden. Auch sollten notwendige Ansprechpersonen bzw. Einrichtungen für ärztliche Untersuchungen vorab ausfindig gemacht werden. Bei der selbstständigen Planung eines Auslandaufenthaltes ist also ein höheres Maß an Eigeninitiative, Flexibilität und Stressresistenz gefragt.

Leitfragen für deinen Auslandsaufenthalt

Tipps

Wichtige Hinweise

  • Beginne so früh wie möglich mit der Planung deines Auslandsaufenthaltes. Bei einem Auslandsstudium oder -semester kann die erforderliche Vorlaufzeit z.B. 4 Semester in Anspruch nehmen.
  • Nimm so früh wie möglich persönlichen Kontakt mit einer Ansprechperson vor Ort auf.
  • Bewirb dich für Fördermöglichkeiten (Seite momentan in Bearbeitung).
  • Erstelle eine gute Finanzplanung mit ausreichendem Puffer. Durch Zusatzkosten wie Begleitpersonen, Hilfs- oder Transportmittel können für dich entsprechend höhere Kosten anfallen.
  • Hol Informationen von Personen mit Beeinträchtigung ein die bereits einen ähnlichen Auslandsaufenthalt absolviert haben, wie du ihn planst, bspw.: Foren, Erfahrungsberichte, persönliche Gespräche.
  • Lass dich durch professionelle Agenturen beraten.
  • Buche eine Auslandskrankenversicherung, die deine gesundheitlichen Bedürfnisse abdeckt.
  • Diese Eigenschaften solltest du mitbringen: Einsatzbereitschaft, Selbstständigkeit, Flexibilität, Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit.
  • Welche individuellen Bedürfnisse müssen beachtet und (bspw. bei einem Veranstalter) angegeben werden, wie etwa Ernährung oder Fortbewegung?
  • Benötigst du ein barrierefreies Transportmittel?
  • Müssen dein Zielland und –ort sowie deine Unterkunft bestimmte Anforderungen erfüllen? Wenn ja, welche?
  • Benötigst du für deine Tätigkeit vor Ort (Freiwilligenarbeit, Sprachschule, Praktikum etc.) besondere Hilfsmittel, bspw. bei einer Sehbeeinträchtigung?
  • Benötigst du während deines Aufenthaltes eine Assistenz, Betreuungs- oder Begleitperson? Wenn ja, welche Anforderungen und Aufgaben müssen diejenigen erfüllen?
  • Welche Auslandskrankenversicherung unterstützt deine Bedürfnisse?
  • Welche spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse müssen erfüllt werden (bspw. regelmäßige Arztbesuche)? Gibt es diese Möglichkeit in deinem Zielland/-ort?

Reisen mit Veranstaltern für klassische Urlaubsreisen

Möchtest du im Ausland eine Reise machen, stehen dir verschiedene Optionen zur Verfügung. Zunächst gibt es Reiseveranstalter, welche Reisen für Menschen mit Behinderung (siehe Box) anbieten. Hierbei gibt es sowohl betreute Individual- als auch Gruppenreisen. Außerdem bieten manche Veranstalter Reisen mit (ausgebildeter) Reiseassistenz oder –begleitung an.

Sprachreisen

Bei einer Sprachreise mit einem Veranstalter solltest du diesen zwecks der Barrierefreiheit oder anderen Bedürfnissen früh genug im Voraus kontaktieren. Beachte, dass manche Anbieter für eine solche Beratung eine Gebühr erheben. Transportmittel, Ernährung, Sprachunterricht und Unterkunft müssen, je nach Beeinträchtigung, behindertengerecht sein. Es bietet sich auch die Möglichkeit an, eine Sprachreise zu absolvieren bei der du als Teilnehmer/in bei der Lehrperson zu Hause wohnst und unterrichtet wirst. Das Absolvieren einer Sprachreise außerhalb der Hauptsaison kann sinnvoll sein, denn dann verfügt die Sprachschule möglicherweise über mehr Kapazitäten und Mittel. Anbieter von Sprachreisen für Menschen mit Behinderung findest du unten.

Auslandsstudium/Auslandspraktikum

Tipps

Ansprechpartner für Studierende mit Beeinträchtigung

Da dir bei einem Auslandsstudium oder organisiertem Auslandspraktikum in der Regel Ansprechpersonen vor Ort zur Verfügung stehen, kannst du deinen Auslandsaufenthalt mit deren Unterstützung gestalten. Hochschulen haben meist Beauftragte oder eine Beratungsstelle für Studierende mit Behinderung. Nimm sowohl mit dem Auslandsamt oder International Office deiner Heimathochschule als auch mit dem deiner Zielhochschule Kontakt auf.

In einigen EU-Ländern, wie etwa Frankreich oder den Niederlanden, beinhalten nationale Verzeichnisse die Ansprechpartner für Studierende mit Beeinträchtigung (siehe Box). Nordamerikanische oder australische Hochschulen stellen Informationen für Studierende mit „Special Needs“ schon auf ihrer jeweiligen Website zur Verfügung. Im anglo-amerikanischen Raum gibt es einen langjährigen Diskriminierungsschutz welcher behindertengerechte Standards an Hochschulen gewährt. Für die Vorbereitung eines Auslandsstudiums oder –praktikums sollten etwa 2 Jahre eingeplant werden.

Bietet deine Praktikumsstätte keine vergleichbaren Services wie eine Universität, erkundige dich bei deinem Arbeitgeber über die Barrierefreiheit deines Praktikumsplatzes sowie deines Zielorts und –landes. Weiterhin solltest du deinem Arbeitgeber mitteilen was du machen bzw. nicht machen kannst.

Fördermöglichkeiten

Erasmus+ sowie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) bieten verschiedene Fördermittel für Menschen mit Beeinträchtigung während ihres Auslandspraktikums oder -studiums. Beachte, dass bei nicht-verpflichtenden Auslandsaufenthalten die Chance auf Finanzierung geringer ist. Mehr Informationen findest du unter Fördermöglichkeiten für Menschen mit Behinderung (Seite in Bearbeitung).

Work and Travel

Work and Travel kannst du, ähnlich wie eine Reise, selbst organisieren oder über einen Veranstalter buchen. Vorteilhaft für dich ist die Flexibilität eines Work and Travel Aufenthalts den du genau nach deinen Bedürfnissen planen kannst. Die vielen Freiheiten die ein solcher Aufenthalt bietet, setzen gleichzeitig eine gute und frühzeitige Vorbereitung voraus. Ein Veranstalter bietet mehr Sicherheit und häufig eine vereinfachte Jobsuche, etwa durch Job-Datenbanken.

Work and Travel Aufenthalte finden meist in westlichen Ländern wie Kanada, Australien oder Neuseeland statt. Eine gute Gesundheitsversorgung ist daher in der Regel vorhanden. Behindertengerechtes Reisen kann zwar auch in solchen Ländern anspruchsvoll sein, gilt aber als deutlich weniger problematisch als in Entwicklungsländern. Je nach Art deiner Beeinträchtigung stehen dir diverse Jobmöglichkeiten zur Verfügung. Suche dir am besten im Voraus schon deine Arbeitsstelle, Unterkunft und die Transportmittel für deine Anreise. So kannst du Komplikationen vermeiden.

Sabbatical

Als Person mit Beeinträchtigung steht auch einem Sabbatical nichts im Weg. Hier gilt die bei einem Sabbatjahr übliche Unterscheidung zwischen einem Aufenthalt mit oder ohne Lohnfortzahlung. Ob Arbeiten, Sprachreise oder ehrenamtliches Engagement – die Flexibilität bei einem Sabbatical deinen Aufenthalt nach deinen persönlichen Bedürfnissen zu gestalten bietet viele Vorteile.

Ehrenamtliches Engagement

Bei Freiwilligenarbeit wird zwischen geförderten und nicht geförderten Freiwilligendiensten unterscheiden. Bei beiden Formen gibt es Organisationen die dabei behilflich sind den Aufenthalt umzusetzen. Die Inklusion bei Freiwilligendiensten befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Du solltest dich also bei der jeweiligen Organisation nach den Optionen für Personen mit Beeinträchtigung erkundigen. Seit einigen Jahren engagiert sich beispielsweise Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. für die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Freiwilligendiensten. Hier werden entsprechende Fördermittel, Vermittlung und Beratung geboten.

Ein Freiwilligendienst kann im europäischen Ausland oder in anderen westlichen Ländern absolviert werden. Aber auch Afrika, Asien oder Lateinamerika sind beliebte Ziele für ehrenamtliches Engagement. In bildungsfernen Regionen allerdings, in denen Menschen mit Behinderung aus kulturellen oder religiösen Gründen gesellschaftlich nicht akzeptiert werden, kann der Alltag schwierig sein. Informiere dich ausführlich bevor du dich für ein Land entscheidest. Barrierefreiheit und eine gute gesundheitliche Versorgung sind in Schwellen- und Entwicklungsländern häufig nicht gegeben. Aus diesen Gründen wäre es, gerade bei dieser Form eines längerfristigen Auslandsaufenthaltes, sinnvoll eine gut informierte und erfahrene Entsendeorganisation auszuwählen.

Möglichkeiten für Jugendliche und Schüler/innen

Tipps

Weitere wichtige Informationsportale findest du hier:

Internationale Jugendbegegnungen oder Workcamps sind für junge Menschen mit und ohne Beeinträchtigung möglich. Hier gibt es auch speziell ausgerichtete Angebote ausschließlich für Jugendliche mit Behinderung. Natürlich kannst du auch an einem (inklusiven) Schüleraustausch teilnehmen. Hierzu solltest du direkt mit den entsprechenden Lehrkräften Kontakt aufnehmen. Möchtest du an einem High School Year teilnehmen, ist auch dies möglich. Häufig wird von den Anbietern in diesem Bereich vorausgesetzt, dass du deinen Alltag eigenständig bewältigen kannst. Im Bereich Jugendreisen gibt es Veranstalter wie etwa YAT Reisen , die sich auf Reisen für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung spezialisiert haben. Außerdem gibt es verschiedene Vereine, die Beratung oder Unterstützung anbieten: NatKo – Tourismus für Alle Deutschland e.V. oder Freizeit ohne Barrieren e.V. Auch Reiseveranstalter die sich nicht auf Reisen mit Beeinträchtigung spezialisieren haben zum Teil barrierefreie Reisen im Angebot, wie z.B. Ruf Reisen.

Am besten informierst du dich bei dem jeweiligen Veranstalter und schon kann es mit der Planung losgehen!

 

(Bildquelle: Pixabay / Claudio Bianchi)

(Textquellen: myhandicap.de, treppenlift-ratgeber.de, studentenwerke.de, eu.daad.de, behindertenreisen.de, bsk-reisen.org, sprachreisenengland.net, work-and-travel.co, weltwaerts.de, bezev.de, rausvonzuhaus.de, aktion-mensch.de)