Kinder­krankengeld Diese Rechte haben berufs­tätige Eltern

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Kinder­krankengeld - Diese Rechte haben berufs­tätige Eltern

Kinder­krankentage. Wer sein krankes Kind betreut, kann sich vom Job frei­stellen lassen und Kinder­krankengeld beziehen. Die Stiftung Warentest erklärt die Regeln dafür. © Adobe Stock / Tatyana Tomsickova

Sind Kinder krank, können Eltern Kinder­krankengeld bei ihrer Krankenkasse beantragen. Die Bescheinigung gibt es jetzt auch per Telefon vom Kinder­arzt.

Kinder­krankengeld: Bezahlter Sonder­urlaub

Ohren­schmerzen, Fieber, Durch­fall oder Bronchitis – Kinder sind oft krank. Für berufs­tätige Eltern ist dies meist ein organisatorischer Kraft­akt. Zwar regelt das Bürgerliche Gesetz­buch (BGB) in Paragraf 616, dass Arbeitnehmer aus unver­meid­baren und unver­schuldeten Gründen vom Job frei­gestellt werden müssen, ohne dass ihnen der Lohn gekürzt wird. Hierzu zählt auch die Erkrankung eines Kindes unter acht Jahren, sofern ein ärzt­liches Attest vorliegt und die Eltern nicht länger als fünf Tage bei der Arbeit fehlen. (Bundes­arbeits­gericht Az. 5 AZR 834/76). Der Haken: Paragraf 616 darf im Tarif- oder Arbeits­vertrag ausgeschlossen werden, etwa mit der Formulierung „Ein Vergütungs­anspruch besteht nur für tatsäch­lich geleistete Arbeit“.

Tipp: Welche Regeln gelten, wenn Sie selbst erkranken, steht in unserem Special Krankengeld: Anspruch, Dauer, Höhe, Berechnung.

Kinder­krankengeld statt Lohn­fortzahlung

Zahlt der Arbeit­geber den Lohn während der Krankheit des Kindes nicht, springt bei gesetzlich versicherten Berufs­tätigen die Krankenkasse ein. Sie zahlt das sogenannte Kinder­krankengeld.

Tipp: Seit Dezember 2023 können Eltern die Kinder­krankengeld-Bescheinigung beim Kinder­arzt auch telefo­nisch für bis zu 5 Tage anfordern. Voraus­setzungen: Das Kind muss der Praxis durch voran­gegangene Unter­suchungen bekannt sein und es handelt sich um eine leichte Erkrankung. Die Bescheinigung können die Eltern in der Praxis abholen oder sich zuschi­cken lassen. Wichtig: Eltern haben keinen recht­lichen Anspruch auf die telefo­nische Krank­schreibung ihres Kindes. Ärztin oder Arzt entscheiden, ob das Vorgehen medizi­nisch vertret­bar ist.

Corona-Aufschlag ist ausgelaufen

Je gesetzlich versichertem Eltern­teil gab es coronabe­dingt 2023 für die Betreuung eines kranken Kindes noch 30 Kinder­krankentage, Allein­erziehende hatten Anspruch auf 60 Tage. Wer mehr Kinder hat, hatte mehr Tage zur Verfügung. Es galt jedoch eine Ober­grenze von 65 Arbeits­tagen pro Eltern­teil, bei Allein­erziehenden 130 Tage. Diese Regelung endete Ende 2023.

15 Kinder­krankentage pro Kind und Jahr

Für 2024 und 2025 hat jedes Eltern­teil jetzt 15 Kinder­krankentage je Kind zur Verfügung. Bei Allein­erziehenden erhöht sich der Anspruch auf 30 Tage je Kind. Für alle Kinder zusammen kann jedes Eltern­teil Kinder­krankengeld für insgesamt 35 Tage im Jahr erhalten, Allein­erziehende für 70 Tage pro Jahr.

Kinder­krankengeld: Voraus­setzungen

  • Die Eltern sind unbe­zahlt von der Arbeit frei­gestellt worden,
  • das Kind ist noch keine 12 Jahre alt (diese Alters­grenze gilt nicht, wenn das Kind behindert und auf Hilfe angewiesen ist),
  • im Haushalt lebt keine andere Person, die sich um das Kind kümmern kann,
  • der Arzt oder die Ärztin hält eine Betreuung des Kindes für erforderlich und stellt ein entsprechendes Attest ab dem ersten Krank­heits­tag aus.

Wichtig: Ist ein Eltern­teil privat kranken­versichert und gilt das auch für das Kind, gibt es keinen Anspruch auf Kinder­krankengeld.

Kinder­krankengeld: Höhe und Antrag

Berechnung. Sind alle Punkte erfüllt, zahlt die Krankenkasse ab dem ersten Tag 90 Prozent des regel­mäßigen Netto­lohns. Wer in den letzten zwölf Monaten vor Inan­spruch­nahme des Kinder­krankengeldes noch Einmalzah­lungen wie Weihnachts- oder Urlaubs­geld erhalten hat, bekommt das ursprüng­liche Netto­gehalt. Es gilt 2024 beim Kinder­krankengeld der Tages­höchst­satz von 120,75 Euro.

Wichtig: Weil die Zahlungen nicht auf der Gehalts­abrechnung auftauchen, müssen Eltern das erhaltene Kinder­krankengeld in der Steuererklärung angeben.

Kinder­krankengeld beantragen – so gehen Sie vor

Tipp: Nutzen Sie die App der Krankenkasse, können Sie das Kinder­krankengeld mit wenigen Klicks einfach und schnell beantragen.

Schritt 1. Vom Kinder­arzt gibt es die „Ärzt­liche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes“, im Volks­mund auch „Kinder­kranken­schein“ genannt. Die Vorderseite füllt der Arzt aus. Er muss mit „ja“ ankreuzen, dass „die Erkrankung eine Betreuung und Beaufsichtigung notwendig macht“.

Schritt 2. Die Rück­seite des Attests ist der „Antrag auf Krankengeld“ für die Kasse. Geben Sie Ihre Anschrift und Bank­verbindung an. Zahlt der Chef laut Arbeits­vertrag nichts, wenn Sie zu Hause Ihr Kind betreuen (Entgelt­fortzahlung), kreuzen Sie „keinen Anspruch auf Entgelt­fortzahlung “ an – andernfalls wählen Sie „Anspruch auf ...“ und geben die Anzahl der Tage an. Ebenso, ob Sie allein­erziehend sind oder nicht. Hat die Kasse im laufenden Jahr bereits Kinder­krankengeld gezahlt, tragen Sie die Anzahl der Krank­heits­tage für das betreffende Kind ein. Daher legen Sie sich am besten eine Über­sicht mit Kranken­tagen an. Zuletzt den Antrag unter­schreiben, eine Kopie des Attests für den Arbeit­geber machen und per Post zur Kasse schi­cken.

Schritt 3. Informieren Sie unver­züglich Ihren Chef über Ihr Fehlen (Krankmeldung). Spätestens am Arbeits­tag, der auf den dritten Krank­heits­tag folgt, muss ihm zudem die Kopie des Attests vorliegen – Vorderseite mit ärzt­licher Bescheinigung reicht. Er setzt sich mit Ihrer Kasse in Verbindung und über­mittelt Ihre Verdienst­bescheinigung. Liegen beide Formulare vor, über­weist die Krankenkasse das Geld auf das angegebene Konto.

Tipp: Arbeiten Sie nicht am Wochen­ende, brauchen Sie für diese Tage kein Attest. Vorteil: Sie erhalten normales Gehalt und nicht das reduzierte Krankengeld. Bitten Sie den Arzt um mehrere Atteste (bis Freitag und wieder ab Montag), wenn Ihr Kind länger krank ist.

Anspruch bei Kurz­arbeit

Auch Eltern in Kurzarbeit können Kinder­krankengeld beantragen, wenn sie gesetzlich versichert sind. Kurz­arbeitergeld und Kinder­krankengeld dürfen nicht gleich­zeitig bezogen werden. Eltern mit einem 538-Euro-Minijob haben einen Anspruch auf Frei­stellung, aber nicht auf Kinder­krankengeld. Denn sie sind nicht kranken­versicherungs­pflichtig.

Anspruch für Selbst­ständige

Auch freiwil­lig gesetzlich versicherte Selbst­ständige können Kinder­krankengeld beantragen – wenn sie selbst mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind. Sie haben ab dem ersten Krank­heits­tag des Kindes Anspruch auf Kinder­krankengeld.

Das gilt für Privatversicherte

Wer privat kranken­versichert ist, hat keinen Anspruch auf Kinder­krankengeld. Unter Umständen gibt es Tarife, die ein Kranken­tagegeld für Kinder mit abdecken.

Regelung für Bundes­beamte

Es gilt: Bundes­beamte dürfen laut Verordnung über den Sonder­urlaub für Bundes­beamtinnen, Bundes­beamte, Richte­rinnen und Richter des Bundes (SUrlV) bis zu vier Tagen Sonder­urlaub pro Kind nehmen, wenn es „schwer erkrankt und unter 12 Jahren alt ist“. Einige Verordnungen für Landes­beamte haben diese Rege­lungen unter dem Stich­wort „Urlaub aus persönlichen Gründen“ über­nommen (siehe etwa NRW). Landes­beamte sollten in jedem Fall in die für ihr Bundes­land gültige Verordnung schauen.

Tipp: Steht nichts zum Sonder­urlaub im Arbeits­vertrag, lohnt es sich, in den Betriebs­ver­einbarungen oder im Tarif­vertrag nach­zusehen. Für Landes­beamte gelten die Sonder­urlaubs­ver­ordnung beziehungs­weise die Sonder­urlaubs­bestimmungen der Bundes­länder. Wer unsicher ist, kann in der Personal­stelle oder beim Betriebsrat nach­fragen – am besten, bevor das Kind zum ersten Mal krank wird.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 19.10.2023 um 16:01 Uhr
    Einmalzahlungen

    @Butterfly100: Als Einmalzahlungen gelten bei der Berechnung nur die Zahlungen, für die auch Sozialversicherungsbeiträge fällig werden. Die Inflationsprämie ist davon aber befreit.

  • Butterfly100 am 19.10.2023 um 11:23 Uhr
    Inflationsausgleichzahlungen = Einmalzahlungen

    Anfrag: Mein Kind musst dieses Jahr operiert werden u ich fiel daher länger aus. Wir erhalten keine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, daher habe ich Kinderkrankengeld beantragt. Wir haben in den letzten 12 Monaten aufgeteilt den Inflationsazsgleich bekommen. Zählt dieser auch als Einmalzahlung, dass ich die 100 % vom Nettoentgelt bekomme?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 28.11.2022 um 14:38 Uhr
    Freitag krank- kein Geld für das Wochenende

    @AnnikaJan: Arbeitgeber zahlen das Monatsgehalt in der Regel für 30 Tage. Nur wenn der Freitag als Krankheitstag gemeldet und mit einer zweiten Krankschreibung der Montag, wird beim Kinderkrankengeld für die Tage Sonnabend und Sonntag das Gehalt mit je 3/30 berechnet. Andernfalls erhalten Sie für das Wochenende nichts und für die Tage Freitag und Montag Kinderkrankengeld wenn nur ein Attest von Freitag bis Montag ausgestellt wurde. Haken Sie hier bei Ihrem Arbeitgeber noch einmal nach. Wenn Sie sich nur für den Freitag „kindkrankmelden“, erhalten Sie für den Freitag Kinderkrankengeld und für die Tage Samstag und Sonntag jeweils die vereinbarten 3/30 Ihres Gehalts.

  • AnnikaJan am 27.11.2022 um 23:20 Uhr
    Freitag krank- kein Geld für das Wochenende

    Folgender Tipp ist nicht hilfreich: "Bitten Sie den Arzt um mehrere Atteste (bis Freitag und wieder ab Montag), wenn Ihr Kind länger krank ist."
    Wenn ich mich und mein Kind freitags "Kind-Krank" melde, erhalte ich von meinem Arbeitgeber kein Geld für drei Tage (Freitag, Samstag, Sontag), obwohl ich am Wochenende nicht arbeite. Das heißt ca. 3/30 meines Gehaltes werden nicht ausgezahlt. Von der Krankenkasse erhalte ich dann jedoch nur Leistungen für Freitag.
    Der Tipp ist auch meiner Sicht gut gemeint, aber leider kontraproduktiv.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.08.2022 um 11:50 Uhr
    Nachtzuschläge

    @SaaRee: Für die Berechnung des Kinderkrankengeldes, die nach den gleichen Regeln verläuft wie die Berechnung des Krankengeldes, wird das laufende Brutto-Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Das ist das Einkommen, dass der Beitragspflicht unterliegt. Neben dem laufenden Arbeitsentgelt werden noch einmalige Bezüge herangezogen, soweit diese der Beitragspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Dies sind zum Beispiel das Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
    Handelt es sich bei den Nachtzuschlägen um steuerfreie Zuschläge, werden sie in der Berechnung nicht berücksichtigt, § 1 Abs. 1 SvEV:
    www.gesetze-im-internet.de/svev/__1.html
    Eine Ausnahme gibt es für den Fall, dass der Stundenlohn, anhand dessen der Zuschlag berechnet wird, mehr als 25 Euro je Stunde beträgt.