Nebenkosten

Böse Überraschung für Mieter: Weiterer Preissprung 2022 erwartet

Die „zweite Miete“ sorgt regelmäßig für Unmut, wenn zum Jahresende Nachzahlungen fällig werden. Die könnten künftig noch höher ausfallen.

01.12.2021

Von Julia Kling

Kommt die Betriebskostenabrechnung zu spät, können Vermieter keine Forderungen mehr geltend machen. Bild: Florian Schuh/dpa

Kommt die Betriebskostenabrechnung zu spät, können Vermieter keine Forderungen mehr geltend machen. Bild: Florian Schuh/dpa

Frankfurt. Straßenreinigung, Grundsteuer, Gartenpflege oder Hausmeisterservice: Die Wohnnebenkosten setzen sich aus einer Vielzahl an Faktoren zusammen, die Immobilieneigentümer auf die Mieter umlegen dürfen. „Die Wohnnebenkosten sind in den letzten Jahren in den Hintergrund gerückt“, sagt Frank Wojtalewicz, Vorstand der Deutsche Invest Immobilien AG (DII). „Während sich die politische Debatte in den vergangenen Jahren intensiv mit den gestiegenen Grundmieten auseinandergesetzt hat, spielen die Wohnnebenkosten allenfalls am Rande der Diskussionen eine Rolle.“ Zu Unrecht, wie Wojtalewicz betont. „Für viele Mieter sind die Betriebskosten eine zweite Miete.“

Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede, wie aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der DII hervorgeht. Die Spanne der Nebenkosten inklusive Heizkosten reicht von 3,30 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in Memmingen im Allgäu bis 1,86 Euro im niederbayerischen Dingolfing-Landau. Grund für das Gefälle unter den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten seien besonders Differenzen bei den kalten Betriebskosten, zu denen kommunale Abgaben zählen, erklärte Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte des IW.

So wirkten sich auch das Lohnkostenniveau und die Größe der Kommune auf die kalten Betriebskosten aus, die betriebswirtschaftliche Kosten der Hauseigentümer sowie Grundsteuer oder Müll- und Abwassergebühren abdecken. Hier gebe es einen „sehr großen Spielraum“ auf Seiten des Bundes und der Kommunen, betonte Voigtländer. Wichtig sei, dass die kalten Betriebskosten „nicht als Refinanzierungsquelle für die kommunalen Haushalte dienen“.

Laut der Studie bezahlten Mieter 2019 im Schnitt 1,09 Euro je Quadratmeter für das Heizen. Hier fallen die Mittelwerte vor allem in Ostdeutschland und Bayern höher aus als in der restlichen Republik, sagte Voigtländer. Das lasse sich jedoch auch durch die dort im Schnitt kälteren Temperaturen im Winter erklären. „Dort muss eben mehr geheizt werden.“ Die kalten Betriebskosten überschritten laut IW 2019 erstmals 1 Euro im Mittel. Im brandenburgischen Frankfurt/Oder lagen diese 2020 im Schnitt bei 1,79 Euro pro Quadratmeter bei Neuvermietungen, im baden-württembergischen Ulm bei 1,24 Euro.

Keine Trendumkehr

Mit einer Trendumkehr und damit sinkenden Preisen rechnen die Experten nicht. Im Gegenteil: Zwar seien Öl und Gas im Vergleich etwa zu 2012 noch „relativ günstig. Aber die Dynamik wird weitergehen“, erklärte Voigtländer mit Blick auf die steigenden Energiepreise und die CO2-Abgabe. Während Mieter bei der Wahl der Wohnung künftig verstärkt auf die Heizkosten achten dürften, könne sich für Vermieter eine energetisch sanierte Immobilie als Wettbewerbsvorteil herausstellen. „Energetische Sanierungen werden jedoch immer teurer werden“, gibt Voigtländer zu bedenken. Schon jetzt gebe es einen erheblichen Fachkräftemangel etwa in den Bereichen Sanitär und Heizungsbau. „Umso früher die Besitzer investieren, desto günstiger ist es.“

Wojtalewicz rechnet allein 2022 mit einem Anstieg der Nebenkosten von bis zu 11 Prozent: „Viele werden eine böse Überraschung erleben. Deutliche Steigerungen sind auch in den kommenden Jahren zu erwarten.“ Momentan erhöhen die Nebenkosten die Gesamtmiete im Mittel um 32 Prozent. In günstigen Wohnregionen liegt der Effekt bei bis zu 50 Prozent. Aber auch in ohnehin teuren Großstadtregionen können Nebenkosten die Miete spürbar in die Höhe treiben. Mieter sollten daher Inserate genau prüfen, rät der IW-Immobilienexperte. „Ein günstiges Grundmietenniveau kann dabei zunächst verlockend wirken und eine Wohnung attraktiv erscheinen lassen. Wird dies jedoch von außergewöhnlich hohen Wohnnebenkosten begleitet, so kann dieser Kostenvorteil schnell dahin sein.“

Was darf abgerechnet werden und was nicht?

Vermieter dürfen bei der Nebenkostenabrechnung 17 Positionen abrechnen. Dazu zählen die Wasserversorgung, Entwässerung, Heizung, Warmwasser, Aufzug, Straßenreinigung und Müllbeseitigung, Gebäudereinigung, Gartenpflege, Beleuchtung von Gemeinschaftsflächen, Schornsteinfeger, Versicherungen wie Wohngebäude- oder Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, Hausmeisterdienste und die Grundsteuer – jedoch nicht die Grunderwerbsteuer. Wurde ein gemeinsamer Kabelanschluss, eine so genannte Breitbandnetzverteileranlage vor dem 1. Dezember 2021 eingerichtet, müssen Mieter laut Stiftung Warentest bis maximal 1. Juli 2024 fürs Kabelfernsehen über ihre Betriebskosten bezahlen. Für später abgeschlossene Verträge dürfen die Kosten nicht auf den Mieter umgelegt werden. Die Abrechnung muss der Vermieter innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums dem Mieter zukommen lassen. jkl

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Erstellt:
01.12.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 01.12.2021, 06:00 Uhr

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