Langfristiger Immunschutz: Warum sich Drosten eine Corona-Infektion wünscht

Der Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass Auffrischimpfungen nicht für immer notwendig sein werden.

Der Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass Auffrischimpfungen nicht für immer notwendig sein werden.

Wenn die Pandemie beendet ist, wird das Coronavirus weiterzirkulieren. Bedeutet das, dass sich die Menschen ein drittes, viertes, fünftes Mal oder sogar noch häufiger impfen lassen müssen? Laut dem Virologen Christian Drosten ist das nicht das Ziel. „Ich glaube, dass die Mehrheit der Infektionsbiologen und Mediziner im Moment sagt: Wir müssen eigentlich die endemische Situation als eine Erkältungssituation betrachten“, erklärte der Charité-Wissenschaftler im NDR-Info-Podcast.

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„Das heißt, wir sind aber dann auch in der Situation, dass unser Immun-Update, also die Booster-Immunisierung, eigentlich nicht hier passiert, sondern durch immer wiederkehrende Kontakte mit dem Virus.“ Heißt: Statt durch mehrere Booster-Impfungen könnte der Impfschutz vor einer schweren Covid-Erkrankung durch mehrere Infektionen mit dem Virus aufrechterhalten werden.

Wenn Corona irgendwann wie eine Erkältungssaison ausfällt, könne er als Virologe Drosten dann für sich persönlich das Risiko einer Infektion nach einer Impfung eingehen: „Ich will eine Impfimmunität haben, und darauf aufsattelnd will ich dann aber durchaus irgendwann meine erste allgemeine Infektion und die zweite und die dritte haben“, erklärte der Wissenschaftler das mögliche Vorgehen. So eine Infektionsimmunität sei auf Dauer wahrscheinlich robuster.

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Booster durch natürliche Corona-Infektion? Nicht für alle sinnvoll

Der Immunologe Andreas Radbruch erwartet durch die mRNA-Impfstoffe eine jahrzehntelang anhaltende Immunität. „Wenn Geimpfte oder Genesene eine hohe Dosis Virus abbekommen, können sie sich noch mal anstecken, werden aber nur milde oder gar symptomlos erkranken“, sagte der Wissenschaftler. Das sei bei anderen Impfungen, wie die gegen Masern, genauso.

Für Geimpfte könnten Ansteckungen mit Sars-CoV-2 dann von Vorteil sein. „Solange die Immunisierung noch nicht zu lange her ist, ist die Reinfektion eigentlich gut“, sagt auch Christian Münz, Professor für virale Immunbiologie an der Uni Zürich. „Sie verläuft in der Regel sehr mild, und sie ist ein natürlicher Boost für die Abwehr, sodass man wieder eine Zeit Ruhe hat vor der nächsten Ansteckung.“ Dass eine natürlich durchgemachte Infektion einen wahrscheinlich noch besseren Schutz als eine Auffrischimpfung bietet, glaubt auch der Virologe Klaus Stöhr. „Besonders hoch kann er ausfallen, wenn sich ein Geimpfter später noch infiziert“, sagte er dem RND.

Immun-Boost durch Infektion nur bei gesunden und geimpften Erwachsenen

Doch nicht für alle Menschen ist ein Immun-Boost durch eine Infektion statt einer erneuten Impfung empfehlenswert. Stöhr glaubt fest, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) Auffrischimpfungen für über 60-Jährige und andere vulnerable Gruppen empfehlen wird. Auch Drosten geht davon aus, dass eine Infektion als Immun-Update in postpandemischen Zeiten nur für gesunde und zweifach geimpfte Erwachsene verantwortbar wäre. Es gebe andere Bevölkerungsgruppen, die das natürlich nicht könnten.

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Es ist ganz klar, man muss sich unbedingt impfen lassen. Das ist ein Superschutz, auch gegen Delta.

Christian Drosten,

Virologe

Drosten nicht gegen dritte Impfung

Bund und Länder kalkulieren bereits fest mit Drittimpfungen für Senioren und Immungeschwächte – obwohl die Empfehlung der Stiko noch aussteht. In einigen Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Bremen sind Auffrischungsimpfungen schon Anfang September gestartet. Zunächst wird Hochbetagten und Bewohnerinnen und Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen eine dritte Impfung angeboten.

Fachleute aus Virologie und Immunologie sagen nicht, dass eine Impfung weniger gut als eine Infektion schützt – vor allem nicht zum derzeitigen Zeitpunkt in der vierten Welle. „Es ist ganz klar, man muss sich unbedingt impfen lassen. Das ist ein Superschutz, auch gegen Delta“, betonte Drosten im Podcast. Grundsätzlich sei auch jede Booster-Impfung sehr effizient für eine Immunisierung. Er selbst ließe sich auch gerne noch ein drittes Mal impfen – noch vor dem Immun-Update durch eine Infektion in der endemischen Phase. „Aber hier würde ich als Bürger dann auch sagen: Meine dritte Impfdosis geht erst mal nach Afrika“, so der Virologe.

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