Corona-Kosten in Milliardenhöhe Gesetzliche Kassen zahlen auch für Privatversicherte

Quelle: dpa

Milliardenschwere Extraausgaben im Gesundheitssystem infolge des Coronalockdowns werden im Wesentlichen von gesetzlich Versicherten getragen. Zu Gute kommen sie aber auch Privatversicherten.

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In der Coronapandemie kommen Extraausgaben in Milliardenhöhe auch Privatversicherten zu Gute, ohne dass sich deren Krankenversicherungen an den Kosten beteiligen. Das geht aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünenfraktion hervor. Die gesetzlichen Krankenkassen übernahmen aufgrund von Entscheidungen der Bundesregierung Ausgaben etwa für zusätzliche Intensivbetten in den Krankenhäusern, was in der Antwort des Gesundheitsministeriums bislang mit Kosten von 556 Millionen Euro beziffert wird. Aufgeführt werden auch Ausgaben der gesetzlichen Kassen (GKV) zur Überbrückungshilfe für Physiotherapeuten, Logopäden und andere Heilmittelerbringer, die ihre Arbeit teilweise nicht fortführen konnten, in Höhe von bisher 814 Millionen Euro.

Insgesamt addieren sich die Extraausgaben fürs gesamte Gesundheitssystem, also etwa auch Schutzausrüstung für Arztpraxen, Testungen und Ausrüstung dafür sowie anderes im Zusammenhang mit Corona nach den Angaben auf bisher mindestens zwei Milliarden Euro. Die von der Regierung mit Gesetzen und Verordnungen bestimmten Sonderausgaben werden aus der Reserve des Gesundheitsfonds gespeist, in den die gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland einzahlen.

Rund zehn Prozent der Menschen sind allerdings in einer privaten Krankenversicherung (PKV), vor allem Beamte, Besserverdiener und Selbstständige. Die Bundesregierung erklärt deren fehlende Beteiligung damit, dass die Privatassekuranz Versicherten nur entstandene Kosten erstatte und „dass Leistungen in der PKV regelhaft einen Einzelleistungsbezug aufweisen“. Dass die Versorgung sicher funktioniere, werde „im Wesentlichen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bezahlt“.


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Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, kritisiert: „Die PKV beteiligt sich völlig unzureichend an den Kosten der Epidemie.“ Die Regierung schiebe das auf ‚rechtliche Rahmenbedingungen‘. Die Bedingungen könne Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jedoch ändern. Andernfalls müssten solche Leistungen, die im Gesundheitssystem allen zu Gute kämen, aus Steuergeld bezahlt werden. „Gerade in Zeiten der Krise ist eine solidarische Finanzierung unseres Gesundheitswesens geboten“, so Klein-Schmeink.

Der PKV-Verband hatte Ende August ebenfalls angemahnt, dass Kosten im Gesundheitswesen zum Schutz vor Corona aus Steuergeld bezahlt werden müsse. Nach Darstellung der Privatkassen tragen sie allerdings ebenfalls zu den Extraausgaben bei, etwa indem sie ebenfalls Schutzkleidung für Arztpraxen finanzieren und sich am Schutzschirm für Krankenhäuser beteiligen, die durch die Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Der Forderung nach mehr Steuergeld fürs Gesundheitswesen wegen Corona will Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber offenbar nicht folgen. In dieser Woche wurde bekannt, dass er auch im Jahr 2021 die gesetzlichen Kassen verpflichten will, die meisten zusätzlichen Kosten der Pandemie zu tragen. Der Bundeszuschuss soll 2021 um einmalig fünf Milliarden Euro erhöht werden, was aber wohl nicht den zusätzlichen Kosten entspricht. Die gesetzlichen Krankenkassen wehren sich gegen solche so genannten versicherungsfremden Leistungen. Im Gesundheitsfonds und bei einzelnen Kassen gibt es nach Jahren guter wirtschaftlicher Entwicklung allerdings noch Rücklagen. Die sind sehr ungleich verteilt, so dass bei mehreren Kassen 2021 der Zusatzbeitrag steigen dürfte.

Mehr zum Thema: PKV-Tarife im Vergleich: Die besten privaten Krankenversicherungen im Überblick

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